Ein Vortrag von Dr. Abderrahmane Ammar
Marokko gilt als das muslimische Land mit der tiefsten kulturellen Verbindung zum Judentum – ein Beziehungsgeflecht aus Nähe, Spannung und gegenseitigem Einfluss. „In jeder israelischen Familie gibt es jemanden mit marokkanischem Blut – das ist Realität.“
Mit diesem Satz sorgte der marokkanische Außenminister Nasser Bourita beim Negev-Gipfel im März 2022 für Aufsehen – und verwies auf ein Erbe, das weit über diplomatische Gesten hinausreicht.
Heute leben noch rund 3000 Jüdinnen und Juden in Marokko. Doch die Spuren jüdischen Lebens durchziehen das Land in viel größerem Maße: Historische Verschmelzungen haben dazu geführt, dass viele muslimische Marokkaner jüdische Wurzeln in ihrer Familiengeschichte tragen. Namen wie Mohamed Cohen wirken kaum ungewöhnlich, jüdische Ortsnamen und heilige Stätten prägen weiterhin das kulturelle Gedächtnis – oft besucht von Muslimen auf der Suche nach Segen (Baraka).
Die jüdische Gemeinschaft in Marokko durchlebte besonders herausfordernde Phasen – etwa während des Vichy-Regimes in der französischen Kolonialzeit, nach der Gründung des Staates Israel sowie im Zusammenhang mit dem Sechstagekrieg von 1967. Auch der aktuelle Krieg im Gazastreifen belastet das Verhältnis vieler Marokkaner zu Israel und wirkt sich auf das gesellschaftliche Klima gegenüber marokkanischen Juden aus
Was bleibt von dieser geteilten Geschichte? Welche Narrative über Judentum, Israel und die Shoah kursieren heute in Marokko – und unter Marokkaner:innen in Europa?
Dieser Vortrag nimmt Sie mit auf eine Spurensuche zwischen Erinnerung und Gegenwart.
Eine Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, AG München
V110616 – Vortrag Einstein 28
Dr. Abderrahmane Ammar · Bildungszentrum · Vortragssaal 1 · Einsteinstr. 28 · mo 19.00 bis 20.30 Uhr · 20.10.2025 · € 10.– · Restkarten vor Ort · Auch mit MVHS-Card · barrierefrei
www.mvhs.de/kurse/460-C-V110616
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Abderrahmane Ammar wurde 1982 in eine Amazigh-Familie im Süden Marokkos geboren. Nach seinem Umzug nach Deutschland im Jahr 2007 setzte er sein Studium der Soziologie und Islamwissenschaften in Bamberg fort. Seit 2012 lebt und arbeitet er in Berlin als Autor und freier TV-Journalist. 2019 promovierte er an den Universitäten Marburg und Marrakesch mit einer Dissertation über die „Religiosität und Identität junger Marokkaner in Deutschland“. 2023 veröffentlichte er das Arbeitspapier „Traditionen, Kontinuitäten und Veränderungen: Narrative und Diskurse über Jüdinnen und Juden in Marokko“.
Foto: privat