Postkoloniale Theorie betrachtet die Aus- und Nachwirkungen des Kolonialismus und sensibilisiert für (Kontinuitäten von) Rassismus. Damit sind ihre Anliegen (gerade in Zeiten des Rechtsrucks und andauernden Asylrechtsverschärfungen) sehr notwendig und aktuell. Postkoloniale Theorie wird an Universitäten als Lektüre in den Sozialwissenschaften vielfach gelesen und auch in sozialen, antirassistischen, linken und antifaschistischen Bewegungen stark rezipiert. Seit der Debatte um die Thesen von Achille Mbembe, der documenta 15 in Kassel und dem „neuen Historikerstreit“ rund um die Thesen von Michael Rothberg, A. Dirk Moses und Jürgen Zimmerer ist aber auch klar: aktuelle, postkoloniale Theorien haben häufig ein Antisemitismusproblem. Dabei ist das Vorkommen von Antisemitismus in postkolonialen Theorien aber nicht neu, sondern die Entwicklung und Verschärfung dieser antisemitischen Motive lässt sich seit dem Entstehen der Theorieströmung nachzeichnen.
Der Vortrag zeigt auf, welche unterschiedlichen Formen des Antisemitismus sich bei unterschiedlichen Theoretiker*innen, sowie in der Entwicklung dieser Theorieströmung bis heute finden lassen und gibt einen Überblick über die zentralsten Motive des Antisemitismus, die hier vorkommen.
Randi Becker:
Randi Becker studierte Sozialwissenschaften, Soziologie und Politische Theorie in Gießen, Frankfurt und Darmstadt. Sie promoviert an der Universität Passau mit einer soziologischen Arbeit zur Anschlussfähigkeit von Antisemitismus in Rassismuskritiken. Hauptberuflich arbeitet sie als Dozentin an einem Bildungszentrum sowie als Lehrbeauftragte an verschiedenen hessischen Universitäten.